Ein „Wasserstoff-Dorf“ im Testbetrieb (2024)

Am Zukunftsort Chemiepark Bitterfeld-Wolfen schreibt man mit grünem Wasserstoff ein neues Kapitel: Im „H2-Testdorf“ werden Versorgungsinfrastruktur und Endanwendungen unter Realbedingungen getestet. Eine wichtige Rolle spielen dabei auch die Materialien und Technologien, die den Energieträger zur Gebäudeenergieversorgung nutzbar machen.

Einst Synonym für Gestank und verseuchten Boden, haben sich die Chemiestandorte Leuna, Merseburg und Bitterfeld-Wolfen in Mitteldeutschland als Wasserstoff-Modell-Region etabliert. Das HYPOS-Bündnis (Hydrogen Power Storage & Solutions East Germany) entwickelt hier die komplette Wertschöpfungskette für grünen Wasserstoff aus erneuerbarem Strom und wird dabei vom Bundesforschungsministerium im Rahmen des Programms „Zwanzig20 – Partnerschaft für Innovation“ gefördert.

Ideale Voraussetzungen für Wasserstoff-Revolution

Nicht ohne Grund ist die Modellregion des HYPOS-Netzwerks in Mitteldeutschland angesiedelt: Durch Sachsen-Anhalt verläuft diezweitlängste Wasserstoffpipeline Deutschlands, welche den effizienten Transport von grünem Wasserstoff gewährleisten kann. Mehrere Chemie- und Kraftstoffunternehmen, gewaltige unterirdische Salzspeicher – sogenannte Kavernen –, die enorme Mengen Wasserstoff speichern können. Erneuerbare Energien kommenin Sachsen-Anhalt mittlerweile auf einen Anteil von 60 Prozent. Auch deshalb wurde hier das Wasserstoffdorf angesiedelt und einiges getan: 675 Meter Kunststoffleitungen wurden verlegt, um standardmäßig verwendete Metallleitungen zu ersetzen.

Erdgas-Infrastruktur wird umgenutzt

Um den Nachweis zu erbringen, dass die traditionell für Erdgas verwendete Gasinfrastruktur auch mit reinem Wasserstoff funktioniert, wurde 2019 auf einem 12.000 Quadratmeter großen Gelände inmitten des Chemieparks eine Wasserstoff-Testinfrastruktur errichtet.

Auch die Endanwendungen auf Wasserstoffbasis werden hier erforscht und dazu verschiedene Verbrauchseinrichtungen an das H2-Netz angeschlossen. Das umfasst unter anderem die Anbindung an Gebäude. Wer die öffentlichen Führungen am Tag der offenen Tür durch das Wasserstoff-Dorf nutzt (event.enviam-gruppe.de/hypos-h2-netz), bekommt eine Vorstellung davon, wie in Zukunft die Versorgung eines Wohngebietes durch ein H2-Netz funktionieren kann. Damit es nicht bei einer „Vision“ bleibt, werden hier auf dem Testfeld die Infrastruktur und die Verwendung von Wasserstoff technisch, wirtschaftlich und ökologisch bewertet.

„H2-Home“ Wasserstoffbetriebenes Blockheizkraftwerk heizt und kühlt

„H2-Home“ heißt ein HYPOS-Projekt, das sich unter anderem mit der Entwicklung und Realisierung eines Wasserstoff-Brennstoffzellen-Blockheizkraftwerk (BHKW) etwa für neue Wohnhäuser und Wohnsiedlungen befasst. Mit den Brennstoffzellen-Blockheizkraftwerken ließen sich Gebäude nicht nur beheizen, sondern auch mit elektrischer Energie versorgen, sagt H2-Home-Projektleiter Steffen Theuring von der inhouse engineering GmbH. Das Berliner Unternehmen entwickelt und baut solche H2-BHKW. „Die Erzeugung von Wasserstoff ist bislang zwar teurer als Erdgas“, so Theuring, „dafür aber ist die Kraft-Wärme-Kopplung hocheffizient.“ Der richtige Durchbruch für die firmeneigene Forschung und Entwicklung kam mit dem Kontakt zum HYPOS-Netzwerk. Das innerhalb von HYPOS entwickelte H2-Brennstoffzellen-Blockheizkraftwerk „inhouse5000+ Hydrogen“ macht es möglich, dass unter Verwendung von Wasserstoff Strom und Wärme für den Winter und unter Nutzung einer zusätzlichen Wärmepumpe auch Kälte für den Sommer generiert wird. Eingebunden in dieses HYPOS-Projekt sind die DBI-Gas- und Umwelttechnik GmbH Freiberg, die TU Bergakademie Freiberg, das Fraunhofer IMWS Halle (Saale) sowie der Berliner Elektronikdienstleister ENASYS.

Wer an kühlen wie auch an heißen Tagen den beispielhaft „grün“ leuchtenden Innovationspavillon im Wasserstoff-Dorf betritt, merkt spürbar, dass die Strom-Wärme- bzw. Kälte-kopplung funktioniert.

Schwefelgeruch verhilft zur Wachsamkeit

Eine Menge Entwicklungsarbeit sei nötig, um das Wasserstoff-BKHW bestmöglich in ein Gebäude zu integrieren, sagt Projektleiter Theuring und nennt etwa die Annäherung des Wasserstoffanschlussdrucks an das derzeit bestehende Hausanschlusssystem für Erdgas. Die Übertragung des Wasserstoffs muss demnach sowohl unter hohem Druck funktionierende Durchströmung der in den Übertragungsleitungen funktionieren also auch unter niedrigem Druck in den Verteilnetzen der Endnutzer ankommen. Inzwischen ist das H2-BKHW soweit entwickelt, dass es auch Notstrom liefern und als sogenannter Inselversorger bereitstehen kann.

Steffen Theuring kommt auch auf das erhöhte Sicherheitsniveau innerhalb eines H2-Netzes zu sprechen. Nur so könne eine Akzeptanz für Wasserstoff erreicht werden. Darum sei auch die „Riechbarmachung“ des eigentlich geruchlosen Wasserstoffs ein Bestandteil der Forschungen. Der Wasserstoff wird mit einem sogenannten Odormittel versetzt: mit einem Geruch also, der beinahe jeder Nase Gefahr signalisiert. Im H2-Dorf wurden deshalb mit der Brennstoffzelle unter anderem schwefelhaltige Odormittel getestet. „Die Odormittel müssen allerdings vor dem Eintritt in das H2-BHKW wieder aus dem Wasserstoff entfernt werden“, erklärt Theuring und ergänzt, dass dieser kostenintensive und effizienzmindernde Gasaufbereitungsprozess noch optimiert werden müsse.

Die Energie wird im Pkw-Anhänger mobil

„Bislang existiert noch keine intelligent agierende dezentrale Versorgungsinfrastruktur für Industrie- und Gewerbegebiete mit kleinen Wasserstoffanwendungen“, sagt Torsten Birth, Leiter des Bereiches Energie- und Ressourceneffiziente Systeme am Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF in Magdeburg. MMH2P heißt ein dort angesiedeltes Forschungsprojekt. In dem Akronym stecken „mobil“, „modular“, „Wasserstoff“, „portabel“. Der Prototyp dieses Service-Speicher-Systems steht auf vier Rädern und ist leichter als ein Pkw-Anhänger. Er soll eine Lücke füllen, die sich im Vergleich zu den klassischen stationären und mobilen Speichern in der Wasserstoffinfrastruktur auftut – anwendbar überall dort, wo H2-Erzeuger und -Verbraucher nicht durch Pipelines miteinander verbunden sind, wo stationäre und transportable Flüssig- oder Gasspeicher ungeeignet sind.

Seinen Pilottest soll das Kleinverteilsystem nun im Wasserstoff-Dorf absolvieren, wo es das H2-Netz anzapfen und den Energieträger gleich wieder an die H2-Home-Anwendungen abgeben kann.

Neben den Industrie- und Gewerbeparks zählt Torsten Birth weitere potenzielle Kunden für den transportablen Wasserstoffspeicher auf – etwa sich selbst versorgende Stadtwerke und Kommunen oder die Fahrzeugflotten von Polizei und Feuerwehr.

Autorin: Kathrain Graubaum/IMG Sachsen-Anhalt

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